Bewerberüberprüfungen bei öffentlichen Ausschreibungen - alles sinnvoll?
Wenn eine gestorbene Person nicht bestätigt, dass ein Bewerber im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung für die gestorbene Person gearbeitet hat, dann kann der Bewerber benachteiligt werden.
Ich habe bisher bei mehreren Firmen, überwiegend im privaten Sektor, meistens als freier Mitarbeiter (Freelancer) gearbeitet. Das steht auch so in den Dateien, wenn ich mich zwecks Arbeit heute irgendwo bewerbe. Keiner von den Betrieben hatte bisher ein Problem, dass ich keine Arbeitszeugnisse vorgelegt habe. Ich habe wiederum nie Arbeitszeugnisse verlangt. Ich habe die Stellen oft über Vermittlungsfirmen (Auftragnehmer) gefunden und die Abrechnungen liefen auch über die Vermittlungsfirmen. Das hatte zur Folge, dass ich bei den Personalabteilungen an den Firmen, wo ich saß (Auftraggeber), nicht erfasst wurde. In meinem Lebenslauf führe ich die Firmen, bei denen ich saß, nicht die Vermittlungsfirmen.
Nun habe ich mich für eine Stelle beworben, die von einer öffentlichen Einrichtung ausgeschrieben ist. Die Einrichtung will prüfen, ob es stimmt, was in meinem Lebenslauf steht, d.h. ob ich tatsächlich an den von mir angegebenen Stellen gearbeitet habe. Dafür muss ich E-Mail-Adressen von Personen geben, die in der Firma mit mir gearbeitet haben. Stichprobenartig werden die Adressen von der öffentlichen Stelle angeschrieben, um zu prüfen, ob ich da gearbeitet habe. Soweit, so gut…
Manche Leute, mit denen ich in der Vergangenheit gearbeitet habe, sind aber mittlerweile gestorben, in Rente gegangen, haben die Firma verlassen. Manchmal, oder oft genug, sind alle ehemaligen Kollegen nicht mehr in der Firma. Auch bei den Vermittlungsfirmen arbeiten die Kontaktpersonen nicht mehr dort.
Ich habe auch nicht gezielt interne E-Mail-Adressen gesammelt, damit ich diese später als Referenzen für solche Anwendungsfälle angeben kann. Wenn ich eine Firma aus eigenem Wunsch verlasse, dann ist die Geschäftsbeziehung zu Ende. Anschreiben an diese Firma, zwecks hier genannten Überprüfungen, kostet für die Firma Zeit und somit Geld. Wenn ich mich an vielen Stellen bewerbe, kostet die Überprüfung meines Lebenslaufs meinem ehemaligen Auftraggeber viel Zeit. Da es dafür keine Obergrenze gibt, ist es aus meiner Sicht nicht korrekt der Firma diesen Aufwand zu verursachen. Die Durchführung von den Überprüfungen durch öffentliche Stellen kostet Steuermittel.
Wenn ich Auftraggeber wäre, hätte ich diesen Aufwand anderen nicht verursacht. Ich wäre auch nicht willig, unzählige Male in der Zukunft zu bestätigen, dass jemand bei mir gearbeitet hat. Gegen derartige Überprüfungen gegenüber anderen öffentlichen Stellen habe ich nichts anzuwenden.
Die sehr, sehr penible Überprüfung, ob die Angaben zum ehemaligen Auftraggeber in meinem Lebenslauf stimmen, ist nicht angemessen. Aus irgendwelchen Gründen will die öffentliche Stelle nicht bei den Vermittlungsfirmen fragen, ob ich tatsächlich da gearbeitet habe.
Mein Verständnis nun ist, dass ich einen Nachteil habe, wenn alle ehemaligen Kollegen bei einer in meinem Lebenslauf aufgelisteten Firma nicht mehr dort arbeiten. Begründung: es gibt keine Referenzen und das führt zu schlechteren Bewertung. Zu keinen Referenzen kann es auch kommen, wenn die Firma nicht mehr existiert.
Aktuelle Bewerbungsprozeduren bei öffentlichen Einrichtungen benachteiligen Bewerber, z.B. weil ihr ehemaliger Vorgesetzter gestorben ist und der Eintrag im Lebenslauf somit nicht bestätigt werden kann. Ist diese Benachteiligung angemessen? Ist es sinnvoll, bei der Auswertung eines Bewerbers für eine öffentliche Ausschreibung zu messen, ob die Angaben zu ehemaligen Auftraggebern im Lebenslauf überprüft werden können?
Nachtrag: Einen Tag nach Veröffentlichung dieses Artikels sind mir die Abläufe klarer geworden: Für die Bewerbung bei der Ausschreibung werden Lebensläufe übermittelt. Dort sind auch E-Mail-Adressen von ehemaligen Kollegen enthalten. Wenn die öffentliche Einrichtung versucht eine der E-Mails anzuschreiben, und die Nachricht nicht durchkommt, kann es vorkommen, dass der Bewerber nicht mehr berücksichtigt wird. Das muss nicht so sein, es ist aber nicht vorhersehbar, ob ungültigen E-Mail-Adressen als Ausschlusskriterium gewertet werden. Das erfordert einen Megaaufwand um sicherzustellen, dass angegebene E-Mail-Adressen von Personen, mit welchen ich vor mehr als zehn Jahren gearbeitet habe und nichts mehr mit denen zu tun habe, gültig sind. Fehlt es an E-Mail-Adressen, wird der Bewerber benachteiligt.